Sie hören: "Made In Heaven" (1985 Mercury, Album: "Made In Heaven")

Made In Heaven

Making-of eines Albums aus anderen Sphären

"Dedicated to the immortal spirit of Freddie Mercury"

Mit Erscheinen von "Innuendo" im Februar 1991 hielt der QUEEN-Fan das letzte neue Album seiner Idole in Händen. So dachte er zumindest und entsprechend sorgsam behütete er es wie einen Schatz. Um so größer wird sein Erstaunen gewesen sein, als er viereinhalb Jahre später, im November 1995, das Album "Made in Heaven" sah. Schließlich war Freddie Mercury seit vier Jahren tot, die Gruppe QUEEN gab es eigentlich nicht mehr. Doch mit Geisterbeschwörung, einem schlechten Scherz oder gar mit Betrug hatte diese Geschichte nichts zu tun, denn es gab eine einfache Erklärung.

Das neue Werk "Innuendo" war fertig gestellt und normalerweise hätte sich die Band nun einen etwas längeren Urlaub gegönnt, bevor sie mit neuen Projekten beginnen würde. Doch Mercury überredete die Freunde, weiter zu arbeiten: "Seht, ich habe wahrscheinlich nicht mehr so viel Zeit zur Verfügung und wir sollten noch dieses und jenes in Angriff nehmen" erklärte der Leadsänger. "Ich möchte noch soviel singen, wie eben geht, also schreibt mir Worte, schreibt mir Texte, schreibt mir etwas zum Singen."

Und auch das war anders, denn für gewöhnlich wurde zunächst die komplette Musik zusammengestellt und aufgenommen. Erst wenn dieser langwierige Prozeß, bei dem alle vier Mitglieder ihren Beitrag leisteten, abgeschlossen war, folgte der Gesang. "Freddie machte in diesen letzten Monaten eine harte Zeit durch", erinnert sich Brian May. "Seine Stimme blieb ihm zum Glück bis zum Schluß erhalten, aber manchmal hatte er nur ein oder zwei Tage pro Woche in der er sich fit genug fühlte, um zu arbeiten. Aber diese Zeit nutzte er und einige Top-Noten, in diesen letzten Songs sind einfach unglaublich."

May berichtet von einer ungewöhnlichen Art der Zusammenarbeit mit Mercury: "Das muß man sich so vorstellen, ich kritzelte irgendwelche Wörter auf ein Stück Papier, Freddie schnappte es sich und sagte, 'Laß' das Band laufen, ich probiere das mal aus'. Er liebte es im Studio zu sein, es war wie ein Entkommen für ihn. Obwohl es für uns eine schwere Zeit war, erlebten wir doch auch viel Freude. Und Freddie hat es nie langweilig werden lassen, er war immer oben auf, wenn wir im Studio waren. Er war immer voller Ideen, Enthusiasmus und großer Leidenschaft."

Die Band hatte eine harte Bewährungsprobe zu bestehen und gerade dieser Umstand schweißte das Team noch enger zusammen, als je zuvor. "Es ist immer noch schwer, über die letzte Zeit zu reden", gibt Roger Taylor offen zu. "Damals waren die Emotionen sehr hoch. Es war hart für uns alle, aber auch etwas Besonders. Die Arbeit im Studio war genau das, was Freddie brauchte. Er hatte einen Job zu tun und einen Grund, morgens aufzustehen. Und wir alle teilten diesen Geist einer treuen Gemeinschaft."

"Mother Love", so heißt das letzte Stück, das Mercury aufnahm. Gemeinsam mit Brian May komponierte er diese stimmungsvolle Ballade, die als Track Nr. 4 auf "Made In Heaven" zu finden ist. "Es ist das letzte, was wir je zusammen gemacht haben, leider wurde es nie fertig", bedauert Brian, "denn Freddie kam nicht mehr zurück ins Studio, um die letzte Strophe aufzunehmen." Ein unvollendetes Werk blieb "Mother Love" jedoch nicht, denn May selbst sang den letzten Part des Songs. Ungewöhnlich ist der Ausklang dieses Titels, die Band ließ die Zeit rückwärts laufen. So als ob ein Sterbender sein Leben im Zeitraffer an sich vorüber ziehen sieht. Sequenzen der "Magic-Tour" sind zu hören, Mercurys charakteristische Kontaktaufnahme zu den Fans bei den Livekonzerten und "Goin' Back" aus den Anfängen der Band. Der Schrei eines Neugeborenen beendet schließlich den Zeitraffer.

Mercury hinterließ den Freunden diese letzten Bänder mit seiner Stimme, damit sie irgendwann ein Album daraus machen konnten. Die Jahre vergingen, doch schließlich traf sich die Band im Studio wieder, um "Made In Heaven" in Angriff zu nehmen. Sie spielten wie gewohnt ihre Musik ein, Mercurys Stimme kam von den Bändern aus 1991. "Es war eine schwere Prüfung für uns", bekennt Brian May, "denn obwohl Freddie nicht da war, hörten wir jeden Tag seine Stimme. Zeitweilig war es eine regelrechte Tortur. Nach einiger Zeit lernst Du damit umzugehen, aber dann kommt plötzlich alles wieder hoch. Auf irgendeinem Voiceband hörst du ihn lachen und du denkst, verdammt, warum ist er jetzt nicht hier! Es war sehr hart, sehr traurig für uns. Aber seine Präsents geht durch das ganze Album. Wir arbeiteten akriebisch daran, dies' zu erreichen und ich denke, wir schafften es, ein Album mit der gesamten Gruppe zu machen, obwohl Freddie nicht mehr da war."

Mit "Made In Heaven" machten sie den Fans eine riesengroße Freude, für John Deacon, Brian May und Roger Taylor aber bedeutete dieses Album eine einzige seelische Belastung. "Es war eine der schlimmsten Erfahrungen, die ich je machen mußte und ich würde es niemals wieder tun! Es hat mich anschließend zwei-einhalb Jahre meines Lebens gekostet, dies' zu verarbeiten und mich wieder zu sammeln", gesteht Brian May.

"Made In Heaven", das von der Gruppe scheinbar ungeliebte Album, wurde für QUEEN eines ihrer größten Erfolge und erzielte in den ersten zwei Jahren bereits dreimal Platin. Die harte Arbeit hatte sich für die Band gelohnt, denn ihr letztes Album ist gleichzeitig auch ihr Meisterwerk geworden: Komposition, Musik und Gesang sind ein Highlight und haben einen Meilenstein in der Musikgeschichte gesetzt.

Es ist das Album mit den Pop-Balladen von QUEEN. Auf keinem ihrer früheren Alben findet man eine derartig Ansammlung von getragener Musik. Aber schließlich hatte QUEEN immer danach gestrebt, nie etwas zweimal zu machen. Dafür war die Gruppe stets bemüht, perfekte Arbeit abzuliefern, bei ihrem Abschiedswerk ist ihnen dies' mehr als nur gelungen. "Made In Heaven" ist Musik vom Feinsten!
 
 

Trackliste mit Informationen und Impressionen der einzelnen Titel  

It's a Beautiful Day wurde gemeinsam von allen Mitgliedern geschrieben. Mercury scheint zu leben, was er singt. Toller Synthisiser-Sound
Made in Heaven von Mercury verfasst. Erschien bereits auf Mercurys Solo-Album "Mr. Bad Guy" (1985) und wurde von der Band neu eingespielt. Brian May läßt gegen Hälfte des Songs seine "Red Special" singen. It's really written in the stars! Musikalisch gesehen: ein riesen Unterschied zur Urfassung.
Let me Live im Kollektiv von QUEEN komponiert. Mercury, Taylor und May singen je eine Strophe. Selten: ein separater Chor (Rebecca Leigh-White, Gary Martin, Catherine Poster und Miriam Stockley) im Background. Ein Teamwork der ganz besonderen Güte.
Mother Love von May und Mercury. Der letzte Song, den Mercury aufnahm, Brian May singt die letzte Strophe. Hörenswert: Mays melancholisch-schönes Gitarrensolo und Mercurys kraftvolle Stimme. Ein Song, der unter die Haut geht.
My Life Has Been Saved komponiert von Brian May:...I read it in the papers, there's death on every page. I thank the Lord above, my life has been safed
I Was Born to Love You ist Freddie Mercurys Song und bereits 1985 auf seinem Soloprojekt "Mr. Bad Guy" erschienen. Brian May mixte die Musik neu: "Es hat mich 18 Monat gekostet, aber ich bin stolz auf meine Arbeit." May nutzte auch Elemente von "A Kind of Magic".
Heaven For Everyone eine Ballade von Roger Taylor. Und erschien bereits auf dessen Soloproduktion "Shove It" (1988), wurde zu dieser Zeit aber auch schon von Mercury gesungen.
Too Much Love Will Kill You Brian May, Frank Mukser und Elizabeth Lamers komponierten einen schönen, harmonischen Text über die vertrackte Situation, zwischen zwei Stühlen zu sitzen. Mercury bringt die Komposition ebenso überzeugend 'rüber. 
You Don`t Fool Me wiederum schrieben alle vier QUEENs diesen Titel. Es ist eine leidenschaftlich vorgetragene Warnung vor "Eva": "Mama said, be carefull of that girl!"
A Winter's Tale der letzte Song, den Freddie Mercury komponierte und textete. In der Schönheit der Natur rund um den Genfer See ließ er sich zu einer melodiösen Beschreibung der Landschaft hinreißen. Man merkt, dass er diesen Ort liebte.
It's a Beautiful Day (reprise) die Rockversion. Deacon, May und Taylor rocken. Klaviersequenzen aus "Seven Seas Of Rhye" schlichen sich ein.
Track 12 Year!
Track 13 Ein 22.32 Minuten langer Synthisiser-Ausklang, der an Sphären-Musik erinnert

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© 2000/2001 by Birgit Paff

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